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Hannes

Die Technik mit Daten:
 

 

Vorwort:

Wir haben uns viele Musterhäuser angesehen und sind anlässlich der Passivhaustage (jährlich im November) bei Bewohnern von  Passivhäusern gewesen, um uns über die “technische Ausrüstung” eines solchen Gebäudes zu informieren.

Natürlich waren wir fasziniert vom vernetzten “smart home”, modernsten Wärmepumpen, Solarthermie, usw...

Dennoch - bei aller Begeisterung - die gewählten Lösungen sollten sich in angemessener Zeit amortisieren!

Die hier dargestellten Schlussfolgerungen haben wir für unser Projekt zum Zeitpunkt unserer Recherchen/Planung (2011/2012) getroffen. Wir erheben bewusst nicht den Anspruch ökologischer, besser oder moderner zu bauen, sondern lediglich den, etwas “common sense” in unsere Entscheidungen einfließen zu lassen.



Daten:

  • Nutzfläche 161 m²
  • Volumen 387 m³
  • U-Werte:
    3fach Verglasung 0,6 W/m²K
    Bodenplatte 0,096 W/m²K
    Wand 0,096 W/m²K
    Dach 0,094 W/m²K
    Haustür 0,49 W/m²K
  • Gebäudeheizlast nach PHPP 8,8 W/m² x 161 m² = 1417 Watt
  • Erwarteter Strombedarf für alles (geschätzt) ~ 6 500 KWh
  • Erwarteter Stromertrag aus Photovoltaik  ~ 36 000 KWh
     

Damit sprechen wir nach der Definition in Wikipedia von einem Plusenergiehaus!


Elektrik:

Während man ein kleines Haus für ca. 3000 € herkömmlich verkabeln kann, sollte man für eine vollständig vernetzte Version des “smart home” schon mit ungefähr  30 000 € planen. Das 10fache werden wohl die meisten Häuslebauer für ihre Technik nicht übrig haben, zumal sich diese Mehrausgaben in diesem Leben nicht mehr amortisieren. Andererseits ist es fraglich ob das jeweils gewählte System in 25 Jahren noch zu warten/reparieren ist...

Fazit für uns:
Abgesehen von erschwinglichen Annehmlichkeiten (Türkamera, Rollladensteuerung, Fritz Dect 200,...) wird unser Haus herkömmlich verkabelt. Durch den Einbau eines separaten Verteilerkastens halten wir uns den späteren Einbau von Aktuatoren... offen.


Photovoltaikanlage 35 KW peak:

Nach sehr guten Erfahrungen in Planung, Erstellung und späterem Betrieb/Service aus unserer ersten Anlage (2008), wurde auch diese Anlage wieder von den Photovoltaik-Profis erstellt.

Die Pultdachkonstruktion ermöglicht uns eine maximale Photovoltaikfläche mit genauer Süd-Ausrichtung. Die Dachneigung haben wir mit 10° suboptimal gewählt, da wir das bei steilerer Dachneigung entstehende umbaute Volumen nicht benötigen.

Die 35 KWp Anlage ging im September 2012 ans Netz und wird wie folgt vergütet:
  - 0 bis 10 KWp zu 100 %
  - 10 bis 35 KWp zu 90 % (geringerer Satz)
  - 10 bis 35 KWp zu 10 % (ohne entsprechende Vergütung)

Wir streben an einen möglichst hohen Anteil unseres Verbrauchs selbst zu erzeugen - für diese 10% (ca. 2500 KWh) gilt dies im Besonderen.

Ideal wäre natürlich ein entsprechend dimensionierter Stromspeicher, der fast den kompletten Strombedarf puffern könnte...
Das ist jedoch mit den derzeit erhältlichen Modellen noch nicht wirtschaftlich.
Nachtrag; seit 2013 wird hierfür eine staatliche Förderung von 30 % (nur für Neubauten) angeboten.

2020:
In 2020 haben wir schließlich einen BYD Hochvolt-Speicher (11 KW) eingebaut, der uns fast 10 Monate im
Jahr vom Versorger unabhängig macht. Bei den deutlich steigenden Strompreisen wird sich diese Investition
sogar amortisieren.


Passivhaus Berechnungen (PHPP):

Die Berechnungen nach PHPP (Passivhaus Projektierungspacket - www.passiv.de ) sind umfangreich, allerdings auch sehr hilfreich für die Planung und Ausführung des Bauprojektes.
Die Projektierung kann wahlweise auf die Personenzahl im Haus erfolgen oder nach dem “Nachweis der Anforderungen”. Letzteres ist für eine Zertifizierung anzusetzen! Die Berechnung im “Nachweis” setzt pauschal 35 m² pro Bewohner an, wodurch sich für unser 2 Personen-Haus mit 161 m² die theoretische Verbrauchsberechnung mal eben auf 4,1 Personen erhöht.
Dennoch, unser Projekt erfüllt die Anforderungen nach beiden Berechnungsmodi (für 2 oder 4,1 Personen). 

PHPP Auszug - 2014

Auszug aus der PHPP Berechnung.

Der selbst genutzte “Anteil” aus Photovoltaik sollte jedoch mit dem Primärenergie-Kennwert 0,7 einfließen, was   so im PHPP noch nicht darstellbar ist.



Lüftungsanlage:

Ohne eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung (KWL mit WRG) ist ein Passivhaus nicht denkbar. Nach eingehender Recherche sowie Empfehlungen von Nutzern haben wir uns für eine NOVUS 300 der Firma Paul entschieden.
Diese Anlage hat einen Wärmerückgewinnungsgrad (Abluft zur Zuluft) von 93%.
Zusätzlich bietet die Firma Paul einen individuellen Planungsservice (Luftmengenermittlung, Druckverlustberechnung, Strangschema, 3D-Zeichnung der Leitungsführung, Stückliste, Schalldaten...) für ihre Lüftungsanlage an. Das hat uns überzeugt!

Planungszeichnung der Firma Paul
Iso 2

Mit etwas räumlichem Vorstellungsvermögen lässt sich erkennen, dass die Lüftung längs durch das Haus geführt wird. Hierzu nutzen wir einen Versorgungsschacht, der weitgehend zugänglich bleibt.
Von besonderer Bedeutung für den Wirkungsgrad der Anlage ist eine sehr effektive Isolierung der Zu- und Abluftrohre (grün und lila) beim Wärmetauscher.


Heizung / Warmwasser (WW):

Das von der Recherche her umfangreichste Kapitel unseres Hausprojektes - mit unerwartetem Ausgang...

Die PHPP-Berechnung ergab eine Heizleistung von nur ca. 1,4 KW für unser Haus. Ein Reiseföhn hat mit 1,5 KW bereits mehr Leistung - lohnt sich für 1417 Watt überhaupt eine Heizungsanlage? Welche?

Ein Beispiel für die Schnelllebigkeit von Passivhaustechnik ist gerade die Heizung:
Gemäß PHPP Berechnungen wäre eine Wärmelast von 1268 Watt von der Zuluft der Belüftungsanlage transportierbar.
Fakten auf denen viele realisierte Zuluftheizsysteme basieren. Dennoch wurde uns von verschiedenen Seiten abgeraten über die Zuluft zu beheizen. Momentan wird die Variante einer entsprechend kleinen, optimierten Wärmepumpe mit hydraulischer Fußboden- oder Wandheizung favorisiert und schon mehren sich Hinweise, dass dieses System für ein Passivhaus recht träge sei...

Dennoch, eine optimierte Sole-Wärmepumpe mit einer Arbeitszahl >4 scheint die derzeit effektivste PH-Lösung zu sein.
Aber zu welchen Preis?
Eine solche Anlage kostet etwa 10 000 € (ohne Montage), plus einige Tausend € für das Sole-System und die hydraulische Heizung (z.B. Fußbodenheizung) im Haus. Da kommen schnell 20 000 € oder mehr zusammen.

Auch hier ist die PHPP Berechnung hilfreich, denn der projektierte Energiebedarf für die Heizung beträgt 1653 KWh/Jahr plus 1058 KWh/Jahr für WW. Zusammen sind das 2711 KWh/Jahr * 0,26 € /KWh = 704 € jährliche Stromkosten.
Mehrere Passivhausbewohner berichteten von ca. 350 € Stromkosten / Jahr für ihre moderne Wärmepumpenlösung. Vereinfacht gerechnet würden somit bei elektrischer Heizung (inkl. WW) Mehrkosten von 360 € / Jahr entstehen.

Vergleich:
Wenn wir jetzt die Anschaffungskosten von 3 elektronischen Durchlauferhitzern (800 €) und ausreichender IR-Heizflächen (2250 €) von den ca. 20 000 € der Wärmepumpenlösung abziehen und diese 17 000 € zur Amortisation mit 360 €/Jahr verrechnen [die 360 € für Strom rechne ich dabei mit einer jährlichen Preissteigerung von 4% (758 € in 20 Jahren)].
Dann würde sich die zudem recht komplexe Wärmepumpenlösung nach 27 Jahren (rein finanziell) auszahlen.

Einerseits wird die Wärmepumpe wohl nicht so lange halten und andererseits, fragen wir heute mal einen Fachmann was er von einer 27 Jahre alten Heizungsanlage hält....
Eine solche Anlage sollte sich innerhalb von ca. 15 Jahren amortisieren und das ist derzeit (2013) bei den wenigen am Markt erhältlichen, Passivhausgeeigneten Modellen aus unserer Sicht noch nicht der Fall.

Unsere Überlegung:
Wenn Passivhäuser ab 2018 zum Baustandart werden sollen, ist damit zu rechnen, dass geeignete Heizungsanlagen in den darauf folgenden Jahren in Großserie produziert werden. Ähnlich wie ein Kühlschrank (da ist auch eine Wärmepumpe verbaut), der schon für einige hundert € angeboten wird.

Da wir mit der 35 KWp Photovoltaik eigenen Strom produzieren (Primärenergie-Kennwert 0,7) und wie oben erwähnt, ca. 2500 KWh ohnehin nicht vergütet werden, können wir uns aus wirtschaftlichen Gründen eine elektrische Versorgung erlauben.

Details:

3 elektronisch geregelte Durchlauferhitzer
Mehrere Infrarot Heizungen (3600 W) der Firma Knebel

Vorteile dieser einfachen Lösung:

  • minimaler Installationsaufwand
  • minimaler Wartungsaufwand
  • absolut günstige Lösung
  • reaktionsschnelle Heizung (ein paar Watt mehr zuschaltbar - falls die Tür mal offen stand)
  • individuelle Zimmertemperaturen einstellbar
  • kein potentielles Legionellen Risiko
  • angenehme Wärme durch die IR Module




Wir werden diese Lösung, auch im Hinblick auf die zukünftig ermittelten Verbrauchswerte genau beobachten.

+++ Nachtrag vom Jan 2017 +++

Wir haben während der ersten 2,5 Jahre im Haus wie geplant die Verbrauchswerte gemessen:

Warmwasser:

Unsere Durchlauferhitzer benötigten im vergangenen Jahr 1190 kWh zur Erzeugung des Warmwassers.
Dieser Wert bestätigt uns in der Entscheidung zugunsten der Durchlauferhitzer.
Die Tatsache dass wir in 2016 mit der Photovoltaik
eine Autarkiequote von 46 % erreicht haben, wirkt sich nochmals positiv aus.

 

Heizung:

Der gem. Passivhaus-Berechnungen ermittelte “Energiekennwert Heizwärme“ von 13 kwh/(m²a) entspricht auf
die Energiebezugsfläche gerechnet 2093 kWh/Jahr.
Tatsächlich lag unser anfänglicher Heizwärmeverbrauch bei 2800 kWh/Jahr (das entspricht ca. 280 Liter Heizöl bzw. 17,4 kwh/(m²a).
Kein Grund zur Besorgnis, dennoch ist festzustellen, dass in unserem Fall der Passivhausgrenzwert von 15 kwh/(m²a) mit der direkt - elektrischen Heizung (Leistungsaufnahme/Leistungsabgabe  1/1) nicht ganz erreicht wurde.

Zusätzlich haben wir in den 2 Sommerperioden festgestellt, dass das Haus bei Abwesenheit und somit permanent geschlossenen Türen und ausgeschalteter Lüftungsanlage angenehm kühl bleibt.
Sofern man jedoch während einer mehrtägigen Hitzeperiode im Haus lebt, inkl. kochen, Elektrogeräte sowie der immer wieder geöffneten Terrassentür… stellten wir fest, dass wir kein effektives Instrument hatten, die Tag um Tag langsam angestiegene Temperatur im Haus (max. 25 °C) wieder herunter zu bringen. 

Fazit:

Um beide Schwachpunkte zu beheben, haben wir im Oktober 2015 eine Mitsubishi Wärmepumpe von der
Firma Perscheid installiert.

Bislang hat sich das Beheizen von nur 2 bis max. 3 unserer Zimmer als optimal herausgestellt.
Die übrigen Räume werden durch die Lüftungsanlage indirekt mit versorgt, liegen aber in der Temperatur um
ca. 2 °C niedriger, was uns insbesondere im Schlafzimmer sehr angenehm ist.

Somit entschieden wir uns für den Einbau einer Multisplit-Anlage mit 3 Innengeräten für ca. 2800 €.
Leider hat hier die kleinste Anlage mit 3 Anschlüssen schon ca. 5,5 KW Leistungsabgabe. Allerdings sind diese abgestimmten Komponenten in Effizienzklassen A+ (++) mit einem SCOP > 4 erhältlich, was den Heizenergieverbrauch deutlich gesenkt hat.

Zusätzlich können wir in Hitzeperioden (der Zeit größtmöglicher Photovoltaiküberschüsse) ein angenehmes Raumklima erzeugen. 

Über die Verbräuche berichten wir unter Erfahrungen.


Update: Das erste Kalenderjahr mit der Wärmepumpe (WP) ist vorbei.

             + Heizstromverbrauch WP = 1336 KWh (energetisch entspricht das ca. 134 Liter Heizöl)
               
Vergleich: Die IR Heizung verbrauchte im ersten Winter 2014/2015  2800 KWh.
            
             + Im Sommer 2016 haben wir nur 200 KWh zum Kühlen verbraucht.
               
Der Gewinn an Wohnqualität (wohnen & Schlafen bei angenehmen Temperaturen) ist unbezahlbar!

                +++ Damit lag der Gesamtverbrauch (heizen + kühlen) in 2016 bei 9,66 kwh/(m²a) +++
 

Wir nutzten zunächst ausschließlich die Wärmepumpe zum Heizen um einen direkten Vergleich zur IR-Heizung anstellen zu können.
Die Wärmepumpe läuft aufgrund ihrer Dimension nur mit sehr geringer Leistung auf nur 2 genutzte Innengeräte, die ihrerseits recht leise arbeiten. Die Schalldruckpegel der Innengeräte liegt zwischen 21 dB  (A) [menschliche Hörgrenze] und 36 dB (A).

Dennoch ist festzustellen, dass die Infrarotheizungen eine deutlich behaglichere Wärme erzeugen als eine Warmluftheizung. 
Die IR-Heizungen bleiben im Haus und unsere Erfahrungen werden zeigen wie wir zukünftig heizen. Hier könnten wir uns eine Art Mischbetrieb vorstellen…